I A I D O und K E N D O

Ray Ballisti, Sept. 1993

Im Mittelalter war der Schwert in Japan eine sehr furchtbare und wirksame Waffe. Die Menschen, die ihn benützen konnten, entwickelten ein strenges Ehrenkodex (Bushido ). Als Grundhaltung hat Bushido viel gemeinsam mit den Idealen des Rittertums in europäischem Mittelalter. In der Tat nur eine reine Seele kann jener geistliche Zustand von Konzentration und innerlicher Ruhe erreichen, der für das Gewinnen eines Zweikampfes nötig ist.
Also nicht nur der Körper, sondern auch der Geist soll trainiert werden: harte Arbeit, Verständnis und vor allem Geduld muss man üben. Schon damals war die geistige Uebung in Geduld genau so wesentlich wie die physische Geschichtlichkeit mit dem Schwert. Aus dem Bedürfnis sich für jede Situation vorzubereiten und zu trainieren, entstanden die verschiedene Fechtschulen mit ihrem eigenen Stil.
Ken-jutsu (KEN = Schwert, jutsu = Technik oder Kunst) ist die ursprüngliche Form des Fechttraining. Es wurde mit dem Holzschwert oder mit dem echten Waffe trainiert: beim rauhen Training wurden viele Fechter durch ernste Verletzungen getötet oder verkrüppelt.
Parallel dazu gab es auch Iai-jutsu , eine zuerst als ergänzende Disziplin verstanden, die die Technik des blitzschnellen herausziehen des Schwertes aus der Scheide und unmittelbar schlagen pflegte. Nach der XVII Jahrhundert mustertete sich Iai-jutsu immer mehr al eigenständige Disziplin, und die moralischen und philosophischen Grundlagen nahmen an Gewicht zu.
Erst im XVIII Jahrhundert wurde der Shinai (Schwertatrappe aus Bambus) mit den dazugehörigen Schutvorrichtungen (Men, Kote, Do, Tare), wie wir sie heute kennen, als Trainigsmittel eingeführt. Somit konnten die Fechter einen vollen Schlag ausführen, ohne irgendeine Verletzung zu verursachen. Die neue Art zu üben wurde KENDO genannt (Ken = Schwert, Do = der Weg: also "der Weg des Schwertes").
Der Name IAIDO erscheint zum ersten Mal erst in 1932. Es handelt sich also um eine moderne Disziplin, deren Wurzel aber tief in Iai-jutsu verankert sind. Es wird in hohe Masse die Konzentration verlang, nicht zuletzt weil für Fortgeschrittene das Training mit der scharfen Waffe vorgesehen ist.
Sowohl bei Iaido als auch in Kendo trainiert man nicht, um zu lernen, wie man mit dem Schwert tötet, sondern man wählt den Weg des Schwertes um Charakterfestigkeit und moralische Stärke anzustreben, so dass man "nukazu ni sumu",d.h. die Benützung des Schwertes ohne es aus der Scheide ziehen zu müssen, erreichen kann. Das passiert, wenn die geistige Ausstrahlung stark genügt ist, um den Gegner von seinem Angriff abzuhalten.


23.12.2004:
Once Musashi was ordered by his lord to do, in the lord's presence, a painting of Daruma, but his skill was not forthcoming and he was unable to finish it that day. That night he turned in, but suddenly the solution came to him and he leapt out of bed, finishing the painting beneath a lamp. It came out exactly as he desired and was, indeed, exquisite. Musashi then turned to a disciple and said, "My painting is still not up to my sword technique, and the reason is this: under the gaze of my lord, I painted with the intention of doing the work well, but in fact it turned out to be quite inferior. I did the work just now, however, using my martial art, and it turned out just as I wanted. In my martial art, when I step out grasping my sword, neither I nor my enemy exists. My viewpoint is one of destroying both Heaven and Earth, and thus I have no fear. Well, I can see now that my painting is as yet no match for my skill with the sword."
FROM: -William Scott Wilson, The Lone Samurai: The Life of Miyamoto Musashi.


in 1998:

Was ist IAI DO

Der Zerfall des strengen Ehrenkodex der Samurai im späteren Mittelalter brachte die Notwendigkeit, auf Überraschungsangriffe in jeder erdenklichen Situation bereit zu sein. Nur so war ein Überleben in einer Welt voller Intrigen möglich. Der, der sich überraschen liess, war selber schuld, unwürdig und verdiente kein Erbarmen. So war die damalige Lebenseinstellung.
Das alles verlangte vom Krieger eine stete Wachsamkeit, auch in den intimsten Momenten des Lebens, und insbesondere eine perfekte Beherrschung der notwendigen Techniken. IAI JUTSU war die Disziplin, die dieses Wissen vermittelte. Aber erst am Anfang des 17. Jahrhunderts wurden IAI JUTSU Schulen gegründet. Einige haben bis heute überlebt und wir nennen sie "alte" oder "traditionelle" Schulen ( KO RYU ). Erst in diesem Jahrhundert führte man den Begriff IAI DO ein (1932). Aus IAI JUTSU enstand eine neue Disziplin, deren Hauptanliegen nicht mehr die Anwendung der gelernten Techniken gegen einen wirklichen Feind war, sondern die Schärfung des eigenen Charakters und der Persönlichkeit durch ernsthafte, geduldige und stete Übung.
IAI DO, diese neue Disziplin, hebt die Philosopie und die Kunst aus IAI JUTSU heraus: nicht mehr Schnelligkeit ist das erste Ziel, sondern Genauigkeit der Ausführung, Konzentration und Harmonie der Bewegungen. IAI DO vereint in sich Kunst, Philosophie und Wirklichkeit im ZEN -buddistischen Sinn. Denken wir z.B. an einen Geigenspieler: auch er erreicht die Freiheit der Ausdruckmöglichkeiten erst nach Beherrschung der Technik, und zwar nach sehr lange Übung.
Als Kampf gegen sich selber wird IAI DO ohne Partner trainiert.
SEITEI IAI DO wurde erst 1968 aus verschiedenen traditionellen Schulen zusammengesetzt. In dieser modernen Schulrichtung kommt die neue Dimension von IAI voll zum Zuge: eine zu schnelle Ausführung ist sogar als schlecht zu bezeichnen, Konzentration und Genauigkeit spielen die grössere Rolle.
Die offizielle Bezeichnung für SEITEI IAIDO ist jetzt:

Zen Nihon Kendo Renmei IAI DO


12.02.2011:

Was ist IAIDO

Der Begriff IAI steht für die allgegenwärtige Bereitschaft, das Richtige zu tun. Schon vor dem 17. Jahrhundert gab es Fechtschulen, die das Iai lehrten. Aber zu diesen Zeiten war der Kampf als Duell (z.B. in einer Schlacht) wichtiger: die Kontrahenten standen sich mit gezogenen Waffen gegenüber, bereit zum Kampf. Das Duellieren wurde in Ken-Jutsu Schulen gelehrt.
Anfangs des 17. Jahrhunderts wurde ganz Japan unter der Herrschaft eines Shogun geeinigt. In den folgenden zwei Jahrhunderten gab es kaum Schlachten, aber oft Scharmützel und eine Menge Hinterhalte, viele Verräter, Intrige und Überraschungsangriffe. Für die Samurai als Krieger wurde es für das Überleben wichtig, auf einen plötzlichen Angriff richtig und effektiv reagieren zu können. Das wurde in Iai-Jutsu Schulen gelehrt.
Das Fechten wurde damals mit echten oder mit Holzschwertern geübt, und oft gab es dabei ernsthafte Verletzungen. Im 19. Jahrhundert wurde das Shinai mit der dazugehörigen Ausrüstung eingeführt, so wie es heute vom KENDO bekannt ist. Das IAI wurde hingegen weiterhin mit echten Schwertern geübt, wobei für die weniger Fortgeschrittenen das Iaito eingeführt wurde: ein mit schwächeren Legierungen gebautes, nicht geschliffenes Schwert. Dazu wird immer noch das Holzschwert benützt.
Im 20. Jahrhundert kam dann der Übergang von einer auf den Ernstkampf gerichteten Lehre (Jutsu) zu einer Disziplin, die den spirituellen Inhalt des Budo (der Weg des Kriegers) betonte. Nicht mehr "Jutsu", sondern "Do": der Weg zu einem besseren, spirituellen Verständnis des Budo, zu einer Verbesserung des eigenen Charakters.
Iaido wird in Form von KATA ausgeübt: vorgeschriebene Abläufe, welche verschiedene Angriffs- situationen darstellen.
Alle Katas haben in den Grundzügen einen vierteiligen Ablauf:
  1. NUKI TSUKE: Herausziehen des Schwertes und Treffen des Gegners
  2. KIRI TSUKE: der entscheidende Schnitt
  3. CHIBURI: Wegschleudern des Blutes und Kontrolle über die Situation
  4. NOTO: das Zurückstecken des Schwertes
In der Schweiz werden vor allem die beiden alten Stile Muso-Shinden-Ryu und Muso-Jikiden-Eishin-Ryu praktiziert, welche sich auch im gemeinsamen Seitei-Iaido im Binden des Schwertesbandes (Sageo) und in der Form des Noto unterscheiden.